Stift Zwettl: Kulturerbe-Siegel würdig gefeiert
Bei einer großen Feier im Festsaal des Stiftes Zwettl wurde die Verleihung des Europäischen Kulturerbe-Siegels für das Projekt „Cisterscapes“ zelebriert. Projektverantwortliche und Festgäste, darunter das Mitglied des Europäischen Parlaments Alexander Bernhuber, zeichneten Parallelen zwischen den Zisterziensern und der EU nach.
Anlässlich der Verleihung des Europäischen Kulturerbe-Siegels für das Projekt „Cisterscapes“ luden am 11. Mai die Stadtgemeinde Zwettl und das Stift Zwettl zu einer großen Feier. Im Festsaal des Stiftes wurde die neue Kulturerbe-Stätte präsentiert. Durch das Programm führte Stadträtin KommR Anne Blauensteiner, MA, die das Projekt schon lange begleitet und sich sichtlich über die Auszeichnung freute: „Nach fünf Jahren teils beschwerlichem Weg sind wir jetzt angekommen!“
Bereits am 17. April wurde die Klosterlandschaft Stift Zwettl mit 16 weiteren Zisterzienser-Stätten von der Europäischen Kommission mit dem Kulturerbe-Siegel ausgezeichnet. Damit werden Stätten gewürdigt, die „Meilensteine auf dem Weg zur Schaffung des heutigen Europas sind. Und Stätten, die sowohl die europäischen Ideale und Werte als auch die Geschichte und Integration Europas würdigen und symbolisieren“, heißt es in der offiziellen Beschreibung.
„Perle im Waldviertel“ Dass die Wurzeln der Zisterzienser in Zwettl fest verankert sind, hob Bezirkshauptmann Dr. Markus Peham in seinen Grußworten hervor: „Ihre Präsenz ist in der Architektur und Landschaft des Waldviertels noch immer spürbar. Die Zisterzienser waren Meister der Landwirtschaft und des Wasserbaus. Durch das Kulturerbe-Siegel ist dieser Ort nun als kultureller Hotspot im Waldviertel anerkannt.“
Bürgermeister LAbg. ÖkR Franz Mold strich die Bedeutung der Verleihung hervor: „Das Europäische Kulturerbe-Siegel gilt als Oscar für Kulturstätten! Es ist eine Auszeichnung, die für alle in der Region Nutzen schaffen kann und positive Impulse für die gesamte Region setzt.“ Die Zisterziensische Klosterlandschaft in Stift Zwettl ist erst der vierte österreichische Ort, der mit diesem Siegel ausgezeichnet wurde. „Wir freuen uns, diese Perle im Waldviertel damit für ganz Europa sichtbar gemacht zu haben“, sagte Mold.
Gotteserfahrungen auf Pilgerwegen
Abt Johannes Maria Szypulski OCist zeichnete in seiner Rede die Geschichte der Zisterzienser in Zwettl nach: Vor etwa 900 Jahren wurde hier das Stift gegründet, um ein geistliches Zentrum für die Region zu sein. Er betonte, dass die Auszeichnung nicht das Kloster erhalte, sondern damit die gesamte Klosterlandschaft nutzbar wird, etwa durch Weitwanderwege: „Über die Pilgerwege im Waldviertel sollen die Besucher zu persönlichen Gotteserfahrungen kommen.“ Szypulski appellierte auch, dass das religiöse, bzw. christliche Leben auch in der EU wieder mehr Platz finden müsse, nach dem Leitspruch „ecclesia semper reformanda“, der auf den heiligen Augustinus zurückgeht: „Die Kirche ist immer reformierbar – genauso muss auch die EU reformierbar sein“, so der Abt.
Wo und wann beginnt Europa?
Stiftsarchivar Dr. Andreas Gamerith und die Zwettler Stadtarchivarin Elisabeth Moll, MBA, präsentierten Details zum Projekt und zu den Besonderheiten der Zisterziensischen Klosterlandschaft Zwettl (mehr dazu am Ende des Artikels). Auf die Frage „Wann beginnt Europa?“ erklärten die beiden Historiker: „Vielleicht in jenem Moment, in dem wir erkennen, dass wir als Gesellschaft für unsere Zukunft einen Weg einschlagen müssen, der den Mönchen des 12. Jahrhunderts durchaus ähnlich ist: Die Eigenarten vor Ort nicht vernachlässigen und dabei dennoch jene Grenzen überschreiten, die es verhindern, dass wir in Europa einander freundschaftlich, brüderlich begegnen können. Einen versöhnlicheren Umgang finden mit den Ressourcen der Natur. Stärker die Orte, an denen wir leben, gestalten anstatt sie auszubeuten.“
Auch bei der Frage nach dem Geburtsort von Europa zeichneten Elisabeth Moll und Andreas Gamerith einen gedanklichen Pfad zur frisch gebackenen Kulturerbe-Stätte im Waldviertel: „Vielleicht hier: An diesem Ort, den die Zisterzienser seit beinahe 900 Jahren mitgestaltet haben und von dem aus sie sich verbunden fühlten all jenen Häusern, die, genau wie sie, den Versuch unternommen haben, diese Welt positiv zu verändern.“
Ort des Vermittelns europäischer Werte
Das Mitglied des Europäischen Parlaments Alexander Bernhuber gratulierte in Vertretung von Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner zu der Auszeichnung. „Die Klosterlandschaft des Zisterzienserstiftes Zwettl ist ein Ort des Vermittelns, an dem die europäischen Werte Demokratie, Toleranz und Solidarität weitergegeben werden.“ Gerade in einer Zeit, in der die Europäische Union vielfach durch Krisen geschüttelt sei, müsse man aufpassen, nicht in einfache Antworten zu verfallen, sondern Weitblick zu schaffen, erklärte Bernhuber.
Für die musikalische Umrahmung sorgte das stimmgewaltige Quartett bestehend aus Stiftskapellmeisterin Stefanie Sillar, BA, Melanie Braun, MSc, Dr. Andreas Gamerith und Mag. Ralf Wittig. Passend zum europäischen Gedanken sangen sie gemeinsam mit dem Publikum zum Abschluss die Europahymne.
Text: Markus Füxl, Stadtgemeinde Zwettl
Foto: Die Stadtgemeinde Zwettl und das Stift Zwettl luden zu einer Feier anlässlich der Verleihung des Europäischen Kulturerbe-Siegels für das Projekt „Cisterscapes“, im Bild: Stadträtin KommR Anne Blauensteiner, MA, Bezirkshauptmann Dr. Markus Peham, EU-Abgeordneter Alexander Bernhuber, Abt Johannes Maria Szypulski OCist, Bürgermeister LAbg. ÖkR Franz Mold, Stadtarchivarin Elisabeth Moll, MBA und Stiftsarchivar Dr. Andreas Gamerith. Foto: fotozwettl.at/C.Schindler