An­spra­che un­se­res Hochw. Herrn Ab­tes Jo­han­nes M. Szy­pul­ski an­läss­lich der Ver­lei­hung des Kul­tur­er­be-Sie­gels am 11. Mai 2024

Sehr ge­ehr­te Ehrengäste!

Ge­schätz­te Da­men und Herren!

Am 17. April 2024 wur­de das Eu­ro­päi­sche Kul­tur­er­be-Sie­gel an die 17 Cis­ter­s­capes-Part­ner verliehen.

Es freut mich, dass un­ser Stift Zwettl die Part­ner­schaft mit Cis­ter­s­capes ein­ge­gan­gen ist und das Kul­tur­er­be-Sie­gel er­reicht hat.

In der Pres­se­aus­sendung habe ich nach­ge­le­sen: “Wich­tig ist da­bei zu be­to­nen, dass die­se Aus­zeich­nung nicht den Klös­tern an sich, son­dern ih­ren Klos­ter­land­schaf­ten und so­mit für vie­le In­ter­es­sier­te, u.a. Tou­ris­ti­ker, Wirt­schafts­trei­ben­de, Kul­tur-schaf­fen­de, Schu­len, etc. nutz­bar wird.”

Au­ßer­dem ist Cis­ter­s­capes kein re­li­giö­ses Pro­jekt — wird fest­ge­hal­ten — es nützt je­doch die Au­then­ti­zi­tät des Klos­ters für sich.

Zum The­ma Au­then­ti­zi­tät des Klos­ters möch­te ich et­was hin­zu­fü­gen. Vor knapp 900 Jah­ren wur­de das Stift ge­grün­det. Mön­che — Zis­ter­zi­en­ser — wur­den ein­ge­la­den, den Wald­vier­tel­raum hier nicht nur land­wirt­schaft­lich zu be­ar­bei­ten — son­dern auch und vor al­lem — ein geis­ti­ges Zen­trum zu sein, nach dem be­kann­ten Spruch “ORA et LA­BO­RA et LEGE”.

Die­sen Spruch fin­det man in der Re­gel des Hl. Be­ne­dikt wort­wört­lich nicht. Mit die­sem Spruch wird die­se Re­gel zu­sam­men­ge­fasst: BETE und AR­BEI­TE und LESE (stu­die­re). Eben die Re­gel des Hl. Be­ne­dikt, die die Be­ne­dik­ti­ner, Zis­ter­zi­en­ser und Trap­pis­ten ver­pflich­tet, ist ein Werk, ein Hin­weis, wie man durch die An­wen­dung die­ser Re­gel das Reich Got­tes er­ben kann. Wort­wört­lich vom Hl. Be­ne­dikt: “Dass man Gott von An­ge­sicht zu An­ge­sicht se­hen darf!”

Die EU hul­digt dem Prin­zip des Lai­zis­mus, da gibt es kei­nen Raum für Gott und Geis­ti­ge Aus­rich­tun­gen. So ver­spü­re ich eine ge­wis­se Ste­ri­li­tät ge­gen­über den re­li­giö­sen Fra­gen des mensch­li­chen Le­bens in der heu­ti­gen Zeit. Man ver­sucht das Sa­crum aus der Öf­fent­lich­keit in die kirch­li­chen Räu­me zu ver­le­gen, sage ich vorsichtig!

Papst Jo­han­nes Paul II. hat am 11. Ok­to­ber 1988 im Eu­ro­päi­schen Par­la­ment eine Rede ge­hal­ten und von zwei Lun­gen­flü­geln in Eu­ro­pa im Hin­blick auf die EU-Er­wei­te­rung ge­spro­chen. Das heißt, West- und Ost­eu­ro­pa bil­den eine Einheit.

Ich möch­te dies mu­ta­tis mu­t­an­dis an­wen­den in der Wahr­heit, dass der Mensch eine psycho-so­ma­ti­sche Ein­heit ist. Man darf nicht nur al­les für sei­ne Phy­sis un­ter­neh­men und die Geis­ti­ge See­li­sche Sei­te vernachlässigen.

Die­se lai­zis­ti­sche Aus­rich­tung im heu­ti­gen Eu­ro­pa wi­der­spricht dem, was die Vä­ter der Eu­ro­päi­schen Uni­on, vor al­lem Ro­bert Schu­mann, aus­ge­dacht und zum Fun­da­ment ge­macht ha­ben: Näm­lich die Christ­li­chen Werte!

Die Stadt­ge­mein­de und das Stift Zwettl pla­nen un­ter an­de­rem Wan­der- und Rad­we­ge, wie in der Pres­se­aus­sendung steht. Es ist OK. Die Men­schen sol­len hier die wun­der­ba­ren Land­schaf­ten be­trach­ten und als Au­gen­wei­de erleben.

Dann möch­te ich hier er­wäh­nen, was von un­se­rem Be­zirks­haupt­mann, Hof­rat Mar­kus Pe­ham, als Pro­jekt ge­plant ist, näm­lich Pil­ger­we­ge im Wald­vier­tel, die un­se­re in­kor­po­rier­ten Pfar­ren zu­sam­men­schlie­ßen. Pil­gern ist in mei­nem Ver­ständ­nis ein eher re­li­giö­ser Be­griff. Auf den Pil­ger­we­gen sol­len wir in der Na­tur, in den Land­schaf­ten zu Got­tes­er­fah­run­gen kommen.

Dar­um geht es mir in der neu­en Aus­rich­tung un­se­res Stif­tes und un­se­res Bil­dungs­hau­ses “Lau­da­to si’ ”. Das “Pro­jekt 900”: Im Hin­blick auf das 900 Jah­re Ju­bi­lä­um des Stif­tes im Jahr 2038 wol­len wir, dass die Men­schen hier nicht nur ein kunst­his­to­ri­sches Ju­wel son­dern auch ein geist­li­ches Zen­trum ent­de­cken, ei­nen Ort, wo sie Gott be­geg­nen können.

Als ich die Rede des Paps­tes Jo­han­nes Paul II. im Eu­ro­pa-Par­la­ment im Jah­re 1988 ge­le­sen habe, war ich über­rascht, dass der Papst wun­der­bar über die Schöp­fung ge­spro­chen hat­te. Zum The­ma Ver­söh­nung hat er fol­gen­de Wor­te gefunden:

“Zu­nächst die Ver­söh­nung des Men­schen mit der Schöp­fung, in­dem er dar­auf ach­tet, die Un­ver­sehrt­heit der Na­tur zu be­wah­ren, ihre Fau­na und ihre Flo­ra, ihre Luft und die Flüs­se, ihre sub­ti­len Gleich­ge­wich­te, ihre be­grenz­ten Res­sour­cen, ihre Schön­heit, die die Herr­lich­keit des Schöp­fers preist.”

Nach­dem was Sie von mir ge­hört ha­ben, könn­te bei den Zu­hö­rern die Mei­nung ent­ste­hen, dass ich ein Geg­ner der EU bin. Kei­nes­falls! Im Ge­gen­teil! Ich sage nach mei­nem Lands­mann, Papst Jo­han­nes Paul II.: “Ich bin durch und durch ein Europäer”.

Wenn ich kri­tisch bin, dann be­deu­tet das, dass ich be­sorgt bin um die Zu­kunft und die Ent­wick­lung die­ser Ge­mein­schaft. Das war auch der Hei­li­ge Papst aus Polen.

Und wenn über die Kir­che im­mer wie­der ge­sagt wird: “Ecclae­sia sem­per re­for­man­da”, zu deutsch: die Kir­che ist im­mer re­for­mier­bar, dann muss die Eu­ro­päi­sche Uni­on re­for­mier­bar sein, da­mit es den Men­schen in die­ser Ge­mein­schaft gut ge­hen kann.

Dan­kend für die Aus­zeich­nung der EU und Ih­nen für die Auf­merk­sam­keit, wün­sche ich al­len bei uns im Stift Zwettl ei­nen schö­nen Abend und ei­nen gu­ten Aus­tausch! Ab­schlie­ßend möch­te ich ei­nen Se­gen aus­spre­chen dür­fen: Gott schüt­ze Eu­ro­pa! Gott schüt­ze Ös­ter­reich! Gott schüt­ze un­se­re klei­ne Hei­mat Wald­vier­tel und in ihm das ehr­wür­di­ge Stift der Zis­ter­zi­en­ser in Zwettl!